In den frühen Zeitaltern Elyndors, als die Sterne noch jung brannten und das Lied der Welt ungebrochen erklang, erfüllte der Tod seine Aufgabe mit stiller Würde. Er kannte jedes Herz, jeden Atemzug, jedes Ende – und in seinem Dienst lag Gleichgewicht.
Doch mit den Jahrhunderten veränderten sich die Völker.
Die Zwerge, tief in ihre Berge zurückgezogen, suchten in Stein und Eisen Unvergänglichkeit.
Die Elfen webten Magie, die selbst den Schatten fernhielt.
Und die Menschen… sie fürchteten ihn, verfluchten ihn, beteten um Aufschub.
So wurde der Tod einsam.
Er ging zwischen den Welten, unsichtbar, unbeachtet – bis selbst seine Schritte zu schweigen begannen.
Er legte die Sense nieder, verschloss sein Herz und schwieg.
Und in jenem Schweigen wuchs Überfluss:
Kein Wesen starb, kein Leben wich.
Die Welt schwoll an vor Atem, Hunger und Qual –
denn ohne Ende konnte nichts Neues beginnen.
Da erschien Morthyrel, der Wächterdrache des Todes, alt wie die Zeit selbst, mit Schuppen aus Obsidian und Augen wie brennende Monde.
Er fand den Tod inmitten des stillen Waldes von Noctyra, wo Nebel wie Leichentücher zwischen den Bäumen hingen.
„Du hast das Gleichgewicht zerbrochen,“ sprach der Drache, „und die Welt verkommt an ihrem Überfluss.“
Doch der Tod antwortete nicht.
Er wies Morthyrel fort und baute sich eine Zuflucht – ein Haus im Nebel, fern der Welt, fern der Klage.
Um ihn sammelten sich jene, die ihn nicht fürchteten: die Lumenlin, uralte Whispen aus Licht und Traum, die schon vor Anbeginn in den Nebeln tanzten.
Sie begrüßten ihn mit Freude, nannten ihn Morti, ihren alten Freund, und sangen ihm Lieder vom Wandel der Dinge.
Vor seinen Toren aber sammelten sich die Lebenden.
Sie kamen, um zu bitten – um Erlösung, um Ruhe, um Tod.
Doch Morti schwieg.
Sein Haus blieb verschlossen, seine Hallen kalt.
Nur der Nebel antwortete, flüsternd, tröstend, unendlich.
Da erbarmte sich Morthyrel.
Er schlug seine Flügel über die Welt und sandte eine große Seuche, damit das Gleichgewicht wiederkehre.
Viele fielen, und ihr Sterben trug neue Hoffnung in die Länder.
Die Elfen sangen wieder Totengesänge, die Zwerge schlugen Runen der Erinnerung, und die Menschen zündeten Lichter für jene an, die fortgegangen waren.
Und vor den verschlossenen Toren des Todes bauten die Überlebenden ein Dorf –
nicht aus Trotz, sondern aus Ehrfurcht.
Sie wollten ihm zeigen, dass sie ihn ehrten, ja liebten,
und ihn als Teil ihrer selbst akzeptierten.
Sie nannten diesen Ort Grimms Hollow.
Mit der Zeit wuchs das Dorf zu einer Stadt.
Die Nebel nahmen sie in ihre Arme, und der Tod, von Morthyrel und den Lumenlin erinnert an seine Bestimmung, öffnete die Tore wieder.
Er trat hinaus – nicht als Richter, sondern als Wächter.
Und wer stirbt, tritt durch die Nebel von Grimms Hollow –
und wird vom Tod selbst empfangen,
nicht als Feind, sondern als Freund,
der endlich wieder seinen Platz in Elyndor gefunden hat.
Denn in Grimms Hollow ist die Flamme des Endes zugleich der Funke des Anfangs.
Die Legende von Grimms Hollow – Eine Fantasy Kurzgeschichte aus Elyndor

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